Infoveranstaltung Steinbruch Igleinsberg
„Es ist Widerstand zu erwarten!“
Große Beteiligung am Infoabend der Bürgerinitiative Steinbruch Igleinsberg – Aufruf zum Verfassen von Einwendungen an das Landratsamt
Prackenbach. Die Stühle reichten nicht aus. Auch außerhalb des Saals hatten sich stehend Zuhörer platziert, um den Ausführungen der Sprecher der Bürgerinitiative Steinbruch Igleinsberg zu lauschen, die zum Infoabend zur geplanten Reaktivierung eingeladen hatte. Am Dienstagabend waren zahlreiche Betroffene aus der Gemeinde und darüber hinaus diesem Aufruf gefolgt und ins Prackenbacher Bürgerhaus gekommen, darunter unter anderem auch Landtagsabgeordneter Toni Schuberl, Vertreter des LBV und Bund Naturschutz sowie Kamerateams des BR und Niederbayern TV.
Ein seit rund 30 Jahren stillgelegter Granitsteinbruch nahe Prackenbach soll von der Firma MTJ mit Sitz in Deggendorf wieder in Betrieb genommen werden. Eine kürzlich gegründete Bürgerinitiative befürchtet massive Auswirkungen auf Gesundheit und Lebensqualität der Bürger, Natur und Tierwelt.
Ein Ziel des Abends sei es, die 800 Seiten der öffentlich ausgelegten Antragsunterlagen verständlich zu erklären, betonten Bettina Wensauer und Tom Treml zu Beginn. Sie moderierten den Abend und begrüßten neben Toni Schuberl auch Dorothea Haas als LBV- Vorsitzende der Kreisgruppe Regen, Lena Maly-Wischoff (Regionalreferentin Niederbayern, Bund Naturschutz), Evamaria Molz (Bund Naturschutz, Kreisgruppe Viechtach), Bürgermeister Andreas Eckl und einige Gemeinderäte. Abwechselnd gaben sie das Wort an verschiedene Redner, die sich über unterschiedliche Schwerpunkte informiert hatten und zu den einzelnen Themen äußerten.
Steinbruch in Prünst als Alternative
Mit einem Blick zurück begannen die Moderatoren: Der nicht weit entfernte Steinbruch in Prünst liege seit 2021 im Stand-by-Modus, wegen eines Streits der beiden gleichberechtigten Geschäftsführer. Einer davon habe nun den Antrag zur Reaktivierung des Steinbruchs in Igleinsberg gestellt. Sie hätten sich persönlich informiert beim Betreiber, das Material in Prünst reiche für die nächsten Jahrzehnte, so Wensauer und Treml. Von „künstlicher Materialverknappung“, vom Steller des Antrags in Igleinsberg herbeigeführt, war die Rede.
Als erstes erhielt Steffi Jungmann, eine direkte Anwohnerin aus Igleinsberg, das Wort. Sie erklärte Details der Planungen: 62 Jahre lang werde in drei Abbauphasen gearbeitet. Dabei werde sich das Landschaftsbild komplett verändern. „Unsere Kinder und Enkel werden damit aufwachsen und leben müssen!“. Betrieb sei für werktags geplant, jeden Montag bis Samstag, von 6 bis 18 Uhr. Weiterhin sei das voraussichtliche Ausmaß der Sprengungen viel höher als in den 90er Jahren.
Heinrich Gierl hatte sich mit den Themen Emissionen und Immissionen bezüglich Staub und Lärm auseinandergesetzt. Bei den Arbeiten entstehe mineralischer Feinstaub, der gesundheitlich sehr gefährlich sein könne, betonte er. Die geplanten Wasserreserven, mit denen unter anderem die Förderbänder besprüht werden sollen, um Staubentwicklung zu reduzieren, schätzte er als nicht ausreichend ein und wies außerdem auf Wasserknappheit bezüglich Klimaerwärmung hin. „Die Berechnungen sind in unseren Augen sehr wackelig!“ Ebenso kritisch beurteilte er den Lärmschutz. Die Geräuschkulisse dürfe maximal mit 60 Dezibel bei den Anwohnern ankommen, dieser Wert werde laut Gutachten nur minimal unterschritten. Jedoch sehe er schon die Berechnungsgrundlagen als fragwürdig an. Die Lautstärke der Sprengungen verglich er mit Kampfjets und die geplanten Lärmschutzwälle kritisierte er als zu niedrig. Die Lebensqualität in Prackenbach werde deutlich schlechter werden, die Immobilien verlören an Wert, befürchtete Gierl.
Anwohner Matthias Baumgartner ging auf das Thema Verkehr ein. Zur Anschaulichkeit wurden Fotos der Straße nach Igleinsberg eingeblendet, die er als zu schmal bewertete. Rund 4,80 Meter, an den breitesten Stellen 5 Meter, messe diese. Dagegen stellte er die Maße eines Lkw´s mit 2,50 Meter ohne Außenspiegel. Begegnungsverkehr sei dort schwerlich möglich, die Sicherheit von Fußgängern und Radfahrern sei nicht gegeben, erst recht nicht für den ausgewiesenen Schulweg. Generell seien die Angaben zum Verkehrsaufkommen im Antrag sehr spärlich gehalten. Von 50 Lastwagen täglich sei die Rede, hin und zurück. Nicht berücksichtigt sei dabei jedoch, dass es Monate mit keinem oder weniger Betrieb geben soll. Er rechne im Sommer daher auch mal mit 150, die Hochzeiten würden stark kollidieren mit dem Berufsverkehr. Lautstärke und Verkehr würden jeglichen Naherholungsnutzen und die touristische Attraktivität, auch der dortigen Kesselbodenkapelle, zunichte machen, war er sich sicher.
Ausgleichsflächen: „Hoffentlich weiß jedes Tier, wo es hin muss!“
Sonja Hartmannsgruber informierte über das Thema Naturschutz. Sie kritisierte, dass ein gesetzliches Biotop zerstört werden solle, obwohl es in 20 Kilometer Entfernung mit dem Steinbruch in Prünst eine Alternative gebe, die „mit voller Absicht zum Erliegen“ gekommen sei. Zahlreiche geschützte Tierarten lebten im stillgelegten Steinbruch, so Hartmannsgruber, darunter Luchs, Wanderfalke, Haselmaus, Gelbbauchunken und 17 von den in Deutschland vorkommenden 25 Fledermausarten, die meisten davon auf der roten Liste. Weiterhin gebe es dort 68 sogenannte Habitatbäume, besonders alt oder mit für viele Tierarten wichtigen Baumhöhlen. Nur 16 davon würden erhalten, sollten die Arbeiten am Steinbruch beginnen, erklärte sie. Über die Ausweisung von Ausgleichsflächen, „teils nicht einmal in Prackenbach“, bemerkte sie: „Hoffentlich weiß dann auch jedes Tier, wo es hin muss!“
Bürgermeister Andreas Eckl betonte zu Beginn seiner Auskünfte: „Wir sind alle nicht begeistert“, dennoch habe der Bauherr grundsätzlich erst einmal das Baurecht. Nur weil vor einigen Jahren eine Genehmigung verfallen sei, seien nun die Anforderungen so hoch. Dies hob er als Vorteil für die Gemeinde heraus, sollte die Wiederinbetriebnahme vom Landratsamt genehmigt werden. Seitens der Gemeinde seien bereits Einwendungen unter anderem die Verkehrslage, die Abbaumengen und auch die langen Betriebszeiten betreffend geplant. Vor allem der Verkehrsknotenpunkt an der Kreuzung zur B 85 mache ihm Sorgen, gleich morgens vermute er ein Hochaufkommen von Lkw, die das Material zu den Baustellen liefern müssen. In einer nichtöffentlichen Sitzung habe sich der Gemeinderat vergangene Woche bei Vertretern von Fachstellen genauestens über die Planungen informiert und sich die Antragsunterlagen erklären lassen. Auch die Straße nach Igleinsberg und die Brücke über den Prackenbach habe die Gemeinde bereits prüfen lassen, die Ergebnisse bescheinigten allerdings eine Nutzbarkeit für den Schwerlastverkehr. Er merkte kritisch an, dass er bei einer Verkehrsschau vergangene Woche vom Landratsamt nicht einbezogen wurde. Auch Wensauer betonte: „Eine Prüfung der Verkehrssicherheit fehlt in den Antragsunterlagen.“
Es folgten einige Wortmeldungen aus dem Publikum. Unter anderem wurden Bedenken zur Gesundheitsgefährdung der Bevölkerung durch den entstehenden Feinstaub geäußert, eine archäologische Prüfung des Schalensteins nahe des derzeitigen Aussichtspunktes und auch eine Einbeziehung des Landrats Dr. Ronny Raith gefordert.
Mit dem Landrat sei ein Termin in der kommenden Woche vereinbart, wie Bettina Wensauer betonte, man habe erst die Resonanz der Bürger auf den Infoabend abwarten wollen, sei sich nun aber ob der Stimmung im Saal sicher: „Es ist Widerstand zu erwarten!“
Auch Landtagsabgeordneter Toni Schuberl griff zum Mikrofon, freute sich über die vielen Zuhörer und prangerte ein rechtliches Problem an: Sobald ein Vorranggebiet ausgewiesen sei, komme es zum Ungleichgewicht zwischen wirtschaftlichen und anderweitigen Interessen. Diesbezüglich müsse etwas geändert werden. Er hoffe, dass die Veranstaltung auch Eindruck auf den Landrat mache und rief auf: „Bleibt aktiv, dann könnt ihr was erreichen!“
Fristende für Einwendungen an das Landratsamt: 23. Juni
Im letzten Teil der Veranstaltung erklärte Steffi Jungmann wie Einwendungen an das Landratsamt verfasst werden können und rief dazu auf, davon auch Gebrauch zu machen – nicht familienintern, sondern jede Person für sich selbst. Nicht nur Gemeindebürger, alle mit begründetem Interesse wie unter anderem naturschutzrechtliche Bedenken dürften davon Gebrauch machen, so Jungmann. Sie wies eindrücklich auf das Fristende am 23. Juni hin, nur wer bis dahin ein Schreiben mit Namen und Adresse per Mail oder Post an das Landratsamt sende, könne auch beim Erörterungstermin am 23. September in Teisnach teilnehmen.
Fotos: Lisa Brem
Dieser Bericht wurde von der Journalistin Lisa Brem verfasst und für unsere Homepage zur Verfügung gestellt.
Bild zur Meldung: Infoveranstaltung Steinbruch Igleinsberg