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Von einer Brandruine zum Erlebnisbauernhof

07. 04. 2025

Der Kastlhof bei Kollnburg: Wie eine junge Familie an ihrem Traumprojekt festhält, obwohl ein Feuer alles zerstörte

 

Rechertsried/Kollnburg. Die junge Bäuerin steht im nagelneuen Aufenthaltsraum über dem Kuhstall des Kastlhofs, Freude und Stolz zeichnen ihr lächelndes Gesicht. „In unserer Küche werden wir zum Beispiel pädagogisches Kochen mit Kindern anbieten, auch andere Koch- und Backkurse für Erwachsene, Bauernbrot, Küchl…“ Ideen über Ideen. Ein großer Tisch steht in der Mitte des Raums, schon platziert fürs Basteln beim morgen gebuchten Kindergeburtstag. Durch eine Glastür betritt sie einen Holzsteg, der zu einer großen Galerie im Kuhstall führt. „Von hier können die Kinder alles überblicken.“ In der Adventszeit waren Geländer und Holzbalken mit Lichterketten dekoriert, gemütliche Strohballen mit warmen Decken luden ein zur Aktion „Weihnachten im Stall“. „Es ist schon toll, dass wir jetzt hier stehen…“, sagt Kerstin Bindl nachdenklich. Vor knapp drei Jahren waren all diese Pläne mit einem Schlag zunichte gemacht. Ein schreckliches Feuer hat am 19. Juli 2022 große Teile des Hofes zerstört.

 

Vieles war damals noch im Aufbau, vieles schon fertig und viel Zeit, Arbeit und Geld steckten bereits in den Renovierungsmaßnahmen. In der Stube des nun wunderschön sanierten Bauernhauses und Wohngebäudes erinnern sich die 35-Jährige und ihr 38-jähriger Lebenspartner Michael Schroll an die Minuten vor dem schlimmen Ereignis. Auch heute kennt das Paar noch keine genaue Ursache. „Technischer Defekt hat es geheißen, mehr sagt uns keiner.“ Michael Schroll hat den Hof von einem alleinstehenden, gut befreundeten Nachbarn geerbt, den er neben seinem Beruf als Schichtarbeiter schon viele Jahre lang bei der Stallarbeit und allem weiteren – „was eben so anfällt“ – unterstützt hat. Als dieser starb, nahm er sich des Hofes, der damals nicht im besten Zustand war, und auch des Viehs an. 

 

Schon immer Kerstins Traumberuf: Bäuerin

 

Kerstin war begeistert, als sie nach ihrem Kennenlernen das erste Mal auf den Kastlhof kam – Michael lachend: „Das hätte ich nie erwartet bei dem, naja, sagen wir `musealen Zustand`!“ Zuvor hatte Kerstin neben Beruf und Familie die Hauswirtschaftsschule in Regen besucht und dort bei einem Besuch auf einem Erlebnisbauernhof ihren Traum ins Auge gefasst. „Bäuerin wollte ich schon mein ganzes Leben werden und hier ist alles so, wie ich es mir immer erträumt hab. Abgelegen, am Berg oben, tolle Landschaft.“ 

 

Seither herrschte Baustelle und die Patchwork-Familie mit erst zwei, seit 2021 mit drei Buben, verbrachte jede freie Minute auf dem Hof. Der war damals noch nicht bewohnbar, eine Mietwohnung im nur wenige Minuten entfernten Neidling bei Kirchaitnach half aus.

 

Am Abend des Brandes ist der Hof verlassen. Er sei im nahegelegenen Wald bei der Holzarbeit gewesen, erinnert sich Michael. „Mit dem Moped bin ich noch am Stall vorbei gefahren und heim ins nahegelegene Elternhaus zum Duschen, da hat man noch nichts gesehen.“ Einige Minuten später wird er per Handy informiert, dass „da oben was raucht“. So schnell er kann, fährt er zum Anwesen, setzt dabei einen Notruf ab. Oben angekommen, heulen bereits die Sirenen. Michael kommt noch der Gedanke an einen Gartenschlauch zum Löschen. „Aber als ich gesehen hab, wie groß das Feuer schon ist, bin ich einfach rein in den Stall und hab so viele Kühe wie möglich los gemacht.“ Mit Bolzenschneider und Flex versucht der Bauer, die Halsbänder abzuschneiden und das Vieh zu retten, mit Unterstützung von weiteren Helfern und den schnell eintreffenden Rettungskräften. „Die Kinder hat Gott sei Dank sofort eine Nachbarin genommen.“ Auch Kerstin ist natürlich bei den Rettungsaktionen dabei, „mit unserem Bagger haben wir ein Fenster zu den Kälbern aufgebrochen und sie rausgeholt.“ Bald folgt ein zweiter Bagger der Gemeinde für den Hilfseinsatz, organisiert vom Bürgermeister, der ebenfalls vor Ort ist, ein dritter eines befreundeten Unternehmers in der Nacht. Für 14 der damals 38 Kühe kommt die Hilfe jedoch zu spät.

 

Schlimme Erinnerungen an den Brandabend

 

Beiden sieht man an, wie viele schlimme Erinnerungen das Gespräch wachruft. Nachdenklich erzählen sie, dass die Flammen auch beinahe auf das Wohngebäude und die Bäume übergegriffen hätten. „Das war kurz vor einem Waldbrand damals.“ Hochschätzend sprechen sie über den enormen Einsatz der Feuerwehren. Weniger, über die Neugier vieler Schaulustiger. Ein wahrer Stau habe sich damals auf der kleinen Straße gebildet, auch durch die eigentlich abgesperrte Brandruine hätten sich des Öfteren „Spaziergänger“ einen Weg gebahnt.

 

Noch in der Nacht beginnen die Verhandlungen mit den Versicherungen. Von insgesamt 1,7 Millionen Euro Schaden wird die Familie in den folgenden Jahren nur einen Teil erstattet bekommen. Doch nicht nur Arbeitsgerätschaften wie mehrere Traktoren und Hänger oder eine bereits neu gekaufte Melkanlage sind zerstört. Auch sämtliche Planungen hinfällig, wie unter anderem eine große Spielscheune im Dachboden des alten, hohen Kuhstalls oder bereits getätigte Investitionen wie Arbeiten zum Umbau in einen Freilauf-Stall.

 

Doch nach einigen Tagen Schockstarre, raffen sich Kerstin und Michael auf – jemand muss aufräumen. Zu unendlich viel Arbeit kommen etliche Unsicherheiten hinzu, erinnern sie sich. „Wir haben ja nie gewusst, mit wie viel Geld wir schlussendlich rechnen können.“ Nicht unterkriegen lassen, sei ihre Devise gewesen, mit dem planen, was man hat. Ihr Vieh sei in dieser Zeit bei einem befreundeten und benachbarten Bauern untergestellt gewesen. Erst wird der Stall wieder komplett neu aufgebaut. Die Pläne für den Erlebnisbauernhof immer im Hinterkopf, werden unter anderem gleich der Aufenthaltsraum und die Galerie mitgeplant. Das Wohnhaus folgt.

 

Mittlerweile zertifizierter Erlebnisbauernhof

 

Als es vor rund einem Jahr endlich etwas ruhiger wird, das meiste geschafft ist, entscheidet sich Kerstin, den Kurs zur Erlebnisbäuerin anzugreifen. Viele Einheiten besucht sie, legt Prüfungen ab, das lang ersehnte Zertifikat erhält sie im November. Bereits im vergangenen Sommer kommen immer wieder Schulklassen auf den Hof. Es wird selbst Butter geschüttelt, der Weg eines Pfannkuchens von Ei, Milch und Getreide bis in die Pfanne nachverfolgt oder einfach Wichtiges zu Tieren und der Arbeit auf einem Bauernhof vermittelt. Neben Lagerfeuer und Erlebniswanderungen werden selbstverständlich auch die Tiere besucht: Kühe, Hühner, Gänse, Enten, Katzen, Hasen – und ein lustiges Wollschwein namens Prosciutto.

 

„Dass es so gut ankommt, hab ich mir gar nicht gedacht“, sagt Kerstin grinsend. „Ein bisschen stressig, aber Augen zu und durch!“ Heuer soll richtig durchgestartet werden, zahlreiche Kurse und Aktionen für Kinder wie auch Erwachsene sind geplant und können gebucht werden – von Kindergeburtstagen über Naturtage bis hin zu Koch- und Backkursen oder angeleiteten Bastelveranstaltungen für Dekorationen.

 

Bauer und Bäuerin sind sich einig: „Der Plan steht, wo uns der Weg hinführen wird, das werden wir sehen!“

 

Dieser Bericht wurde von der Journalistin Lisa Brem verfasst und für unsere Homepage zur Verfügung gestellt.

 

Bild zur Meldung: Von einer Brandruine zum Erlebnisbauernhof

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Von einer Brandruine zum Erlebnisbauernhof (07. 04. 2025)

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