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Vereinsleben in Prackenbach: Von Schützen, Frauen und Feuerwehrlern

Prackenbach, den 17. 12. 2022

Vorsitzende berichten von schwierigen Zeiten und Anstrengungen bei der Mitgliederwerbung

 

 

Prackenbach. Vereine sind Tradition. Traditions- und Brauchtumspflege ist eigentlich „in“. Doch gerade in Vereinen, die altes Brauchtum repräsentieren und praktizieren, schwinden die Mitgliederzahlen. In Prackenbach sehen sich beispielsweise der Schützenverein Bergschützen Schwaben und der Frauen- und Mütterverein Prackenbach-Krailing vor einer ungewissen Zukunft. Bei der Freiwilligen Feuerwehr Prackenbach dagegen sind die Mitgliederzahlen relativ stabil. Worin sich alle einig sind: Nach der Pandemie bedarf es nun großer Anstrengung, das Vereinsleben wieder zu reaktivieren. Doch auch einige andere Gründe sehen die Vorsitzenden übereinstimmend als problematisch.

 

Im Sommer standen die Bergschützen Schwaben vor einer Herausforderung: der alte Vorstand trat nicht mehr zur Wahl an, ein neuer auch nicht. „Es wurde daraufhin viel hin und her diskutiert und die Arbeit der Vorstandschaft wurde umgestellt. Alle versuchen nun gemeinsam noch mehr, den Vorsitzenden zu entlasten“, sagt Alexander Haimerl. Nach einem zweiten Versuch ist er nun der erste Vorsitzende. Doch was das eigentlich heißt, damit hatte er nicht gerechnet. „Ich weiß nicht, wie sie das früher gemacht haben.“ Jede Woche könne man mehrere Termine wahrnehmen, von Gauschießen und Fahnenweihen bis hin zu Rosenkränzen und Beerdigungen. Es sei „irre“, wie viele Präsenztermine sich anhäuften, die es zu organisieren gelte. „Früher waren einfach wesentlich mehr Leute aktiv im Verein“, da sei alles wesentlich einfacher gewesen. Von den 50er bis in die 80er Jahre seien die Schützenvereine sehr stark gewesen. Um die 85 bis 100 Mitglieder haben die Bergschützen Schwaben derzeit, die Zahlen schwanken. Es waren schon rund 140. Eine Jugend gibt es momentan nicht.

 

Freizeitverhalten hat sich verändert

 

Im Vergleich zu früher sei im Bereich Freizeitgestaltung in der heutigen Zeit wesentlich mehr geboten. „Auch die jungen Leute sind schon mobil und nicht mehr an den Ort gebunden“, meint Haimerl. „Party machen“ sei vielen wichtiger als die Mitgliedschaft in einem Verein. Und sobald es ans Trainieren gehe, hörten die meisten sowieso einfach auf. Natürlich nehme man auch an Veranstaltungen teil, zum Beispiel eröffneten die Böllerschützen den Vereinsweihnachtsmarkt in Prackenbach am vergangenen Wochenende. „Die passive Mitgliedschaft ist relativ leicht, aber Leute für die aktive Mitarbeit zu finden, ist extrem schwierig.“

 

Schießen als „nicht gewollter Sport“

 

„Der Schießsport ist auch nicht mehr so gern gesehen heute.“ Das ist laut Haimerl ebenfalls einer der Gründe, warum neue, vor allem junge Mitglieder fehlten. Ihm komme es so vor, als ob in der Öffentlichkeit und auch in der Mediendarstellung das Schießen ein „nicht gewollter Sport“ sei. „Man wird teils mit Waffenfanatikern gleichgestellt.“ Die Förderung der Konzentration, die sportliche Leistung und die Fitnesssteigerung gerieten komplett in den Hintergrund. Ein weiterer ganz einfacher Grund: der demographische Wandel. „Die Gesellschaft wird von Haus aus älter.“ Es gebe schon junge Leute, die sich für den Schießsport interessierten. Aber in einem Verein mit hohem Durchschnittsalter fühlten sie sich nicht wohl.

 

Außerdem sieht Haimerl für die Schützenvereine vor allem die schwindende Wirtshauskultur als großes Manko, weil Schießstände eben bei oder in Wirtshäusern sind.  Auch seitens der Gesetzgebung und der Verbände würden den Schützenverein eher Steine in den Weg gelegt, als dass das Brauchtum unterstützt werde. Das verstehe er persönlich überhaupt nicht, „denn eigentlich sollten die unsere Vertreter sein. Es werden so hohe Anforderungen an einen einfachen Schießstand gestellt, die kann ein kleiner Verein gar nicht einhalten und bewältigen.“ Die Rede ist unter anderem von finanziellen Abgaben, Platzvorgaben und Abstandsregeln. Viele Schützenvereine stünden deshalb vor der Wahl: Investieren oder aufhören. Bei einigen existiere der Verein nur noch „auf dem Papier“, eine Mannschaft, gebe es nicht mehr. Den Grund für dieses Problem sieht er im riesigen Verwaltungsapparat im Hintergrund. Der habe sich aufbauen müssen, als die Schützenvereine ihre Glanzzeit hatten und um ein Vielfaches größer waren. Doch nun sei der Unterbau, die vielen Vereine, weggebrochen und nichts stimme mehr zusammen.

 

Der Bergschützenvorsitzende sieht eher pessimistisch in die Vereinszukunft: „In den nächsten zehn bis 15 Jahre werden in vielen Vereinen die Mitgliederzahlen extrem abbauen.“ Das Medienangebot werde immer größer, Treffen fänden oft online statt. Für die Organisation im Verein seien die neuen Möglichkeiten wie WhatsApp-Gruppen andererseits sehr praktisch. Da sei er realistisch, das sei eben momentan die Zeit. Und doch: Schnelllebigkeit, mehr Arbeit, weniger Zeit – Gründe für weniger Vereinsmitglieder.

 

Leute haben mehr Arbeit und weniger Zeit

 

Das sieht auch Helga Schnitzbauer als Vorsitzende des Frauen- und Müttervereins Prackenbach-Krailing, der heuer das 90-jährige Jubiläum nachgefeiert hat, so. „Die Zeit ist einfach jetzt anders“, sagt sie. „Arbeit, Arbeit, Arbeit.“ Aber das sei eben notwendig, um den Lebensstandard halten zu können. In Kombination mit Kindern und Schule natürlich doppelt anstrengend. „Auf dem Land kommt noch die Fahrerei mit dem Auto hinzu, denn anders haben die Kinder ja keine Möglichkeit, zu ihren Hobbys zu kommen.“  In vergangenen Jahren hatte der Verein über 200 Mitglieder, derzeit sind es 80, aktiv gute 35. „Bei Rosenkränzen oder Kreuzwegen sind eigentlich immer die Gleichen, der harte Kern.“ Obwohl das Durchschnittsalter wie bei den Schützen immer weiter steigt, gibt es auch Neuzugänge. Das jüngste Mitglied sei 28, drei weitere um die 30. Sie seien durch die Familientradition hinzu gekommen. Anders sei das Mitgliederwerben laut Schnitzbauer sehr schwierig. „Bei Gelegenheit spreche ich manche auch direkt an, aber in der heutigen Zeit ist einfach alles andere wichtiger.“

 

Corona habe die Vereinssituation noch um einiges verschlimmert: „Viele gehen gar nicht mehr raus.“ Und doch sehe man, dass die Aktiven „hungrig“ seien nach Unternehmungen. Der Frauen- und Mütterverein begleitet das Kirchenjahr: Osterkerze, Kräuterbüschl-Binden, Fronleichnams-Prozession und Blumenteppich. Weitere Aktivitäten werden immer weniger. Wegen der Teuerungen könne sich das niemand mehr leisten, auch die Vereinskasse nicht. Als eine Lösung für die schwindende Mitgliederzahl sieht Schnitzbauer eine jüngere Vorstandschaft, dann kämen auch jüngere Mitglieder. Man müsse sehen, was die Zukunft bringe.

 

Monatliche Ausflüge der Feuerwehrjugend

 

Bei der Freiwilligen Feuerwehr Prackenbach trifft das Argument zu: Der Vorsitzende Martin Heiland feierte erst kürzlich seinen 30. Geburtstag und auch ein Großteil der weiteren Vorstandschaft ist zwischen 20 und 40. Sechs Jugendliche sind derzeit Mitglied im Verein, jeden Monat steht ein Ausflug auf dem Programm: Kartfahren, Spieleabende oder ein Besuch des Hallenbads. Am Heiligen Abend wird die Feuerwehrjugend das Friedenslicht zur Kinderchristmette bringen. Ebenfalls monatlich gibt es eine Jugendübung. Ganz besonders stellt Heiland den Einsatz von Jugendwart André Achatz und den anderen Betreuern heraus, „das ist schon ausschlaggebend. Wir stecken auch viel Kraft in die Mitgliederwerbung.“ 270 Mitglieder hat die Feuerwehr Prackenbach derzeit, davon 52 Aktive. Die Zahlen seien relativ stabil. „Bei der Feuerwehr steht eben auch der soziale Aspekt im Vordergrund, jemandem helfen zu können“, so Heiland.

 

Nach Corona hätten allerdings viele nicht mehr am Vereinsleben, zum Beispiel am Besuch von Gartenfesten oder ähnlichen Veranstaltungen, teilgenommen. „Einige blieben lieber auf dem Sofa daheim.“ Doch die Zeltparty des Vereins im Herbst, die ein riesiger Erfolg war, habe das Vereinsleben komplett reanimiert. „Alle haben an einem Strang gezogen und die Gemeinschaft war wieder im Vordergrund.“ Darauf hoffe er auch beim 150-jährigen Gründungsfest 2024, wofür die Planungen bereits in vollem Gange seien. „Ich glaube hier wird sich dann im Dorf wieder was rühren und hoffe, dass die Gesamtbevölkerung unseren Verein unterstützt.“

 

Auch an sämtlichen kirchlichen und örtlichen Vereinsveranstaltungen nehme eigentlich immer eine Abordnung von Mitgliedern teil. Jüngstes Beispiel wieder: der Vereinsweihnachtsmarkt, bei dem die Prackenbacher Feuerwehrler zwei Stände besetzten. „Da hat man wieder gesehen, wie toll so eine Veranstaltung laufen kann, wenn jeder mithilft. Unabhängig davon, ob man in einem Verein ist. Denn so etwas gelingt nur, wenn nicht jeder nur auf seinen Profit schaut.“ Eine wichtige Grundvoraussetzung für die Zukunft der Vereine.

 

BU: Lange Tradition: Im Sommer feierte der Frauen- und Mütterverein Prackenbach-Krailing das 90-jährige Jubiläum nach.

 

Dieser Bericht wurde von Journalistin Lisa Brem verfasst und für unsere Homepage zur Verfügung gestellt.

 

Bild zur Meldung: Vereinsleben in Prackenbach: Von Schützen, Frauen und Feuerwehrlern

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